Gebäudetyp E – einfach erklärt

Eine Baustelle im Rohbauzustand unter blauem Himmel mit Wolken. Zu sehen sind halbfertige Wände aus roten Ziegelsteinen, Betonfundamente und Paletten mit grauen Baumaterialien auf dem sandigen Boden.

So soll das neue „Einfach Bauen“ funktionieren

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Der Traum vom Eigenheim droht oft an den Kosten zu scheitern, doch nun gibt es ein neues Hoffnungsmodell für alle, die günstig bauen wollen: den Gebäudetyp E. Das neue Baukonzept verspricht einen Ausweg aus dem Dschungel teurer Normen.

Wir erklären, was hinter dem Begriff steckt, wie sich mit dem Gebäudetyp E bis zu 10 Prozent Baukosten sparen lassen und worauf Sie beim sogenannten „einfachen Bauen“ achten müssen, damit Ihr Haus sicher und werthaltig bleibt.

Das erfahren Sie in diesem Artikel:

  1. Warum Bauen so teuer wurde – und wie der Gebäudetyp E das ändern soll
  2. Definition: Was bedeutet Gebäudetyp E konkret?
  3. Was die Regierung geplant hat: Die neue Gesetzeslage zum Gebäudetyp E
  4. Konkrete Vorteile für Eigenheimbesitzer: Wo kann ich mit dem Gebäudetyp E sparen?
  5. Worauf Bauherren beim Gebäudetyp E achten müssen
  6. Fazit: Das Wichtigste zum Gebäudetyp E in Kürze

Warum Bauen so teuer wurde – und wie der Gebäudetyp E das ändern soll

Haben Sie sich schon einmal gefragt, warum ein „normales“ Haus für Durchschnittsverdiener heute fast unbezahlbar scheint? Es sind nicht nur die Zinsen oder die Materialpreise. Im Hintergrund hat sich in Deutschland eine schleichende „Vergoldung“ der Standards vollzogen. Wer heute baut, sieht sich einem Dschungel aus bis zu 4.000 baurelevanten DIN-Normen gegenüber. Diese Normen regeln fast alles – von der Anzahl der Steckdosen im Schlafzimmer bis zur Dicke des Trittschallschutzes.

Das Ergebnis dieser Überregulierung: Wir bauen fast zwangsläufig einen Mercedes, auch wenn wir uns eigentlich nur einen soliden Golf leisten wollen oder können. Diese Perfektion macht Gebäude zwar technisch makellos, aber in Erstellung und Unterhalt sehr teuer.

Hier kommt der Gebäudetyp E ins Spiel. Das „E“ steht für „einfach“ oder „experimentell“. Gebäudetyp E ist jedoch keine neue Bauklasse im Sinne der Landesbauordnung, sondern ein juristisches und kulturelles Konzept, das eine historische Zäsur markiert. Ziel der Bundesregierung und der Architektenkammern ist klar: Durch gezielte Deregulierung mithilfe des Gebäudetyps E soll Bauen wieder bezahlbar werden, ohne dass minderwertige Häuser entstehen.

Definition: Was bedeutet Gebäudetyp E konkret?

Eine Frau steht in einem leeren, lichtdurchfluteten Raum und betrachtet große Baupläne, die sie in den Händen hält. Der Raum verfügt über weiße Wände, einen Heizkörper und große Fensterfronten.
Transparenz ist Pflicht: Architektinnen und Architekten müssen beim Gebäudetyp E konkret erklären, welche Auswirkungen der Verzicht auf bestimmte Normen hat. Bauherren müssen genau verstehen, was sie unterschreiben, damit das Haus später nicht als mangelhaft gilt.
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Um zu verstehen, was der Gebäudetyp E ist, müssen Sie eine grundlegende Unterscheidung verstehen, die im Baurecht oft vermischt wird: Sicherheit und Komfort.

  • Sicherheitsstandards: Beim Gebäudetyp E sind hier keine Abstriche zulässig. Ein Haus muss statisch stabil sein, der Brandschutz funktionieren und Schadstoffe haben im Wohnraum nichts zu suchen. Sicherheitsanforderungen bleiben verpflichtend.
  • Komfortstandards: Dazu gehören Aspekte wie erhöhter Schallschutz innerhalb der eigenen vier Wände, eine bestimmte Anzahl von Datenanschlüssen oder die makellose Optik von Oberflächen.

Das Prinzip beim Gebäudetyp E lautet: Diese Komfortstandards sind nicht länger automatisch geschuldet, sondern dispositiv, also frei verhandelbar.

Ein Beispiel: Üblicherweise wird auf eine Betondecke eine Dämmung, darauf ein schwimmender Estrich und darauf der Bodenbelag verlegt, um den Trittschall optimal zu dämmen. Beim Gebäudetyp E können Sie vereinbaren, auf den schwimmenden Estrich zu verzichten und einen Belag direkt auf der Rohdecke zu verlegen (oder diese nur zu schleifen). Das spart Aufbauhöhe und Geld, bedeutet aber, dass man Schritte im Geschoss darunter deutlicher hört (Verzicht auf erhöhten Schallschutz).

Was die Regierung geplant hat: Die neue Gesetzeslage zum Gebäudetyp E

Warum hat man das nicht schon immer so gemacht? Das Problem lag bisher in der Haftung. Architekten gingen ein hohes Risiko ein, wenn sie von den sogenannten „anerkannten Regeln der Technik“ (a.R.d.T.) abwichen. Selbst wenn Sie als Bauherr sagten „Ich brauche das nicht“, konnte das Haus später vor Gericht als mangelhaft gelten, weil es nicht der Norm entsprach.

Im Jahr 2025 hat sich die Lage zugunsten des Gebäudetyp E verschoben:

  • Der politische Wille: Zwar scheiterte ein erster Gesetzentwurf 2024, doch im November 2025 präsentierten Justiz- und Bauministerium ein neues Eckpunktepapier, das den Weg für das „Einfache Bauen“ ebnet.
  • Die „Leitlinie“ als Brücke: Da die geplante Gesetzesänderung im BGB voraussichtlich erst 2026 voll in Kraft tritt, dient aktuell eine offizielle „Leitlinie und Prozessempfehlung Gebäudetyp E“ als wichtigstes Werkzeug für Bauherren und Planer.
  • Kein automatischer Mangel mehr: Die Reform sieht vor, dass ein Gebäude nicht mehr als mangelhaft gilt, nur weil es von reinen Komfort-Normen abweicht – vorausgesetzt, dies wurde vertraglich als Gebäudetyp E vereinbart. Das schafft endlich Rechtssicherheit für Ihre Planer und Handwerker.

Konkrete Vorteile für Eigenheimbesitzer: Wo kann ich mit dem Gebäudetyp E sparen?

Der Gebäudetyp E ist kein theoretisches Konstrukt für Juristen, sondern kann ein echter Hebel für die Baufinanzierung sein. Experten schätzen das Einsparpotenzial auf bis zu 10 Prozent der reinen Baukosten. Doch wo genau lässt sich der Rotstift ansetzen?

1. Weniger Technik (Low-Tech statt High-Tech)

Eine Frau steht an einem großen, weißen Kunststofffenster und öffnet es mit dem Griff. Der Blick geht nach draußen auf eine städtische Umgebung bei Tageslicht.
Low-Tech statt High-Tech: Der Gebäudetyp E setzt auf eine Ent-Technisierung des Wohnraums, um Kosten zu senken. Statt teurer, wartungsintensiver Lüftungsanlagen rückt die klassische manuelle Fensterlüftung wieder in den Fokus, unterstützt durch feuchteregulierende Baustoffe.
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Die Gebäudetechnik war zuletzt der größte Preistreiber. Moderne Häuser gleichen oft komplexen Maschinen. Der Gebäudetyp E setzt dagegen auf Ent-Technisierung:

  • Lüftung: Statt einer teuren zentralen Lüftungsanlage (oft mehr als 15.000 Euro), die regelmäßig gewartet werden muss, setzt der Gebäudetyp E auf manuelle Fensterlüftung. Unterstützt wird dies durch feuchteregulierende Baustoffe (wie Kalk- oder Lehmputz), die Feuchtigkeitsspitzen im Raumklima abpuffern können. Die Verantwortung für frische Luft liegt wieder beim Bewohner, nicht bei der Haustechnik.
  • Heizung: Die Leitlinie für den Gebäudetyp E nennt explizit das Beispiel, die Heizung im Bad nur auf 20 Grad auszulegen statt auf die normativen 24 Grad Reserve. Das verkleinert die nötige Anlagentechnik und spart Energie.

2. Einfachere Installationen

Muss wirklich in jeder Zimmerecke eine Dreifach-Steckdose sein? Durch eine bedarfsgerechte Elektroplanung lassen sich im Gebäudetyp E Kosten senken. Auch Aufputz-Installationen sind eine Option. Was früher als „Keller-Optik“ galt, ist heute als „Industrial Design“ durchaus schick und spart das teure Schlitzen und Verputzen der Wände.

Frontalansicht Haus, im Vordergrund blüht Lavendel

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3. Konstruktive Vereinfachung

Konventionelles Bauen bedeutet oft viele Schichten (Wand, Dämmung, Folie, Putz). Jede Schicht kostet Geld.

  • Monolithische Wände: Der Gebäudetyp E favorisiert einschalige Wandaufbauten, etwa aus dicken Ziegeln, die kein anfälliges Wärmedämmverbundsystem (WDVS) aus Styropor benötigen.
  • Verzicht auf abgehängte Decken: Installationen können sichtbar bleiben oder in die Betondecke integriert werden. Das schafft mehr Raumhöhe und spart Material.

4. Schallschutz im Innenbereich

Schallschutz ist teuer – aber nicht überall gleichermaßen Pflicht. Man muss unterscheiden:

  • Der Schutz nach außen: Gegen Straßenlärm oder den Lärm vom Nachbarn (bei Doppelhaushälften) gibt es bauordnungsrechtliche Mindestanforderungen (u. a. über Technische Baubestimmungen/DIN 4109), die Ihre Gesundheit schützen. Hier sind Abstriche kaum möglich.
  • Der Schutz nach innen: Innerhalb Ihres eigenen freistehenden Hauses sieht es anders aus. Hier dient Schallschutz oft „nur“ dem Komfort und der Privatsphäre der Familienmitglieder untereinander.

Beim Gebäudetyp E können Sie für diese Innenbauteile (z. B. Zwischendecken oder Wände zwischen Kinderzimmer und Flur) bewusst vereinbaren, auf den „erhöhten Schallschutz“ zu verzichten. Sie akzeptieren dann vertraglich, dass eine kostengünstige, sichtbare Holzbalkendecke eben etwas hellhöriger ist als eine massive Stahlbetonkonstruktion. Das spart Material, aufwendige Entkopplungsmaßnahmen und damit bares Geld.

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Worauf Bauherren beim Gebäudetyp E achten müssen

Eine Infografik mit dem Titel "Der Weg zum 'Einfachen Bauen'". Sie visualisiert den Prozessablauf vom Planungsgespräch über die Entscheidung gegen den konventionellen Bau hin zum "Aufklärungs-Check". In der Mitte steht ein Warnschild-Symbol, flankiert von
Ch. Mascheck

Die neue Freiheit durch den Gebäudetyp E bringt auch Verantwortung mit sich. Das Konzept ist kein Selbstläufer und erfordert von Ihnen als Bauherr eine bewusste Entscheidung.

  • Aufklärung ist das A und O: Ihr Architekt oder Bauunternehmer muss Sie beim Gebäudetyp E detailliert aufklären. Ein einfaches Häkchen im Kleingedruckten reicht nicht. Sie müssen verstehen, worauf Sie verzichten. Es muss klar heißen: „Sie werden Schritte aus dem Obergeschoss hören“, statt nur abstrakt „Abweichung von DIN 4109“.
  • Informierter Verzicht: Nur wenn Sie die Konsequenzen verstanden und akzeptiert haben, ist der Vertrag wirksam und das Haus gilt als mangelfrei.
  • Wiederverkauf und Banken: Denken Sie an die Zukunft. Ein Haus nach Gebäudetyp E ist ein Individualprodukt. Banken könnten bei der Wertermittlung konservativer sein, da das Objekt nicht dem „Standard“ entspricht. Sprechen Sie frühzeitig mit Ihrer Bank und argumentieren Sie mit den geringeren Betriebskosten (Nachhaltigkeit) der Low-Tech-Bauweise.
  • Verbraucherschutz: Seien Sie wachsam. Verbraucherschützer warnen davor, dass Bauträger das Label Gebäudetyp E nutzen könnten, um Kosten zu sparen, ohne diese Ersparnis an Sie weiterzugeben. Bestehen Sie auf einer detaillierten Baubeschreibung.
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Fazit: Das Wichtigste zum Gebäudetyp E in Kürze

  • Der Gebäudetyp E bietet verschiedene Möglichkeiten, das Bauen zu vereinfachen und vertraglich von nicht zwingenden Standards abzuweichen.
  • Durch den Verzicht auf Komfortnormen lassen sich beim Gebäudetyp E potenziell bis zu 10 Prozent der Baukosten sparen.
  • Statik und Brandschutz sind tabu – beim Gebäudetyp E wird nur am Komfort, nicht an der Sicherheit gespart.
  • Dank aktueller Leitlinien und künftiger Gesetze können Abweichungen vom Standard rechtssicher vereinbart werden.
  • Wer den Gebäudetyp E wählt, muss genau wissen, was er unterschreibt. Achten Sie auf eine verständliche Aufklärung.