Ausbauhäuser und Bausatzhäuser: Günstig bauen mit Eigenleistungen

Geld sparen durch Selbermachen
Hohe Baupreise, Fachkräftemangel, lange Wartezeiten auf Handwerksbetriebe: Mehr und mehr Bauherren denken darüber nach, beim Hausbau selbst mit anzupacken. Nicht selten schaffen Eigenleistungen sogar erst die Voraussetzung, überhaupt bauen zu können. Studien beziffern den Anteil der Bauherren, die
beim Hausbau mit anpacken wollen, auf über 90 Prozent.
Lesen Sie, was beim Einsatz der „Muskelhypothek“ zu beachten ist und wieviel sich bei Ausbau- oder Bausatzhäusern mit Eigenleistungen realistisch einsparen lässt und welche Möglichkeiten es gibt.
Das erfahren Sie in diesem Artikel:
Anpacken hilft sparen: Wie Bauherren mit Eigenleistungen zu Wohneigentum kommen können
Grundsätzlich gibt es vielfältige Möglichkeiten, sich mit Eigenleistungen beim Hausbau einzubringen. Sie reichen vom frei geplanten Architektenhaus über festgelegte Ausbaustufen von Fertighausanbietern (sogenannte Ausbauhäuser) bis hin zum Selbstbau von Anfang an (Baukastenhäuser).
Wer Bau- oder Ausbauleistungen selbst oder mithilfe von Familienmitgliedern und Freunden erbringt, kann vor allem teure Lohnkosten einsparen.
Darüber hinaus lassen sich Eigenleistungen auch bei der Kreditvergabe auf das Eigenkapital anrechnen. Die meisten Kreditgeber akzeptieren in der Regel bis zu 15 Prozent der Darlehenssumme als Eigenleistung. Verfügt der Bauherr nachweislich über eine Fachqualifikation, sind sogar 50 Prozent oder mehr drin.
Geeignete Gewerke: Wo lohnt sich Eigenleistung?
Bei Gewerken mit niedrigen Materialkosten, aber hohem Arbeitsaufwand lohnt sich Eigenleistung am meisten – vorausgesetzt, das nötige Know-how ist vorhanden.
- Als gut geeignet für Eigenleistung gelten Bodenverlegen, Trockenbau, Streichen und Tapezieren im Innenraum sowie die Gestaltung von Garten und Hof.
- Rohbau- und Fassadenarbeiten, der Einbau von Fenstern und Außentüren, Treppenbau sowie Schlosserarbeiten erfordern hingegen weitaus mehr Erfahrung.
- Alle Arbeiten rund um Elektrik, Wasser und Gas sind sowieso Aufgaben für Profis. Werden sie in Eigenregie unfachmännisch ausgeführt, kommt keine Versicherung für Schäden auf.

Baukosten durch Eigenleistungen senken − lohnt es sich? Wo ist Do-it-yourself sinnvoll, wo sollte besser der Profi ran?
Mehr dazu in unserem Beitrag: Kosten sparen durch Eigenleistung beim Hausbau »
Für Ambitionierte: Das Bausatzhaus
Der Begriff „Bausatzhaus“ fasst alle Angebote zusammen, bei denen die Bauherren von Anfang an, also schon beim Rohbau, mit anpacken will. Dies bietet die höchsten Sparpotenziale, erfordert jedoch nicht nur Zeit und Engagement, sondern auch ein passendes Bausystem. Die Angebote reichen von leichtgewichtigen Plansteinen bis einfachen Beton-Vergusssystemen oder Bausätzen aus Holz.
Der Anbieter liefert die Baumaterialien und Werkzeuge auf die Baustelle und schult bzw. beaufsichtigt zumindest anfangs die Selbstbauer. Qualität und Umfang dieser Begleitung sollte ein wichtiges Auswahlkriterium bei der Anbietersuche sein. Der anschließende Ausbau erfolgt dann ähnlich wie beim Ausbauhaus komplett in Eigenregie. Auch hier ist unbedingt die laufende baufachliche Kontrolle der Eigenleistungen wichtig, damit keine Baumängel entstehen.
Wer seine Fähigkeiten realistisch einschätzt, den für ihn passenden Weg der Eigenleistung wählt und die Bauarbeiten professionell begleiten lässt, kann kaum scheitern. Am Ende steht neben dem Haus auch der Stolz über das Geleistete.
Hausbeispiel: Das Ytong Bausatzhaus
Wer ein Bausatzhaus erwirbt, muss wissen, worauf er sich einlässt. Zeit, ein gewisses Talent und vor allem auch ein tatkräftiges Helfer-Netzwerk sind wichtige Voraussetzungen. Bei Frank Faber und Jennifer Kugler traf das alles zu: Schwiegervater und Schwager hoben die Baugrube aus, Geschwister und Freunde halfen beim Mauern der Porenbeton-Steine – nach Einweisung und mit Unterstützung des Anbieters.

Im Anschluss war dann der Innenausbau dran. Zu den wenigen Gewerken, bei denen Frank Faber nicht auf Helfer aus dem Familien- oder Freundeskreis zurückgreifen konnte, gehörte die Installation der Haustechnik. Hier vermittelte der Bausatzhaus-Partner (Ytong Bausatzhaus) bewährte Firmen aus der Region und koordinierte den Ablauf der Arbeiten. Gut ein Jahr nach Baubeginn konnte die junge Familie schon ins eigene Heim einziehen.
Ytong Bausatzhaus: die Preise
Ohne Grundstück, Erschließungskosten und Außenanlagen haben sie knapp 130.000 Euro bezahlt, wobei die Eigenleistung eine Ersparnis von etwa 60.000 Euro einbrachte.
Sie wurde zum Teil in eine PV-Anlage investiert, was zu einer positiven Energiebilanz des hoch wärmegedämmten Neubaus führt: „Im Jahr produzieren wir etwa 3.500 kWh Strom-Überschuss. Den speisen wir ins öffentliche Netz“, sagt die Familie. „So hilft uns das Haus am Ende sogar noch dabei, unseren Baukredit abzubezahlen.“

Bautafel: Ytong Bausatzhaus
Haustyp: Innovationshaus Energieplus
Wohnfläche: ca. 140 m²
Baukosten: Knapp 130.000 Euro ohne Grundstück, Erschließungskosten und Außenanlagen
Eigenleistungen: Rohbau, Außendämmung, Innenausbau
Ersparnis durch Eigenleistung: etwa 60.000 Euro
Bauzeit: ca. 1 Jahr bis Einzug
Baustoff: Ytong Porenbeton, 30 cm, Lambda 0,09 W/(mK)
Jahresprimärenergiebedarf: 26,0 kWh/(m²a)
Erfahrung der Bauherren mit dem Ytong Bausatzhaus

„Es gibt keinen Baustoff, der so einfach zu verarbeiten ist wie Porenbeton“, erklärten die Bauherren. Die einzelnen Systemkomponenten sind aufeinander abgestimmt und können durch das Nut- und Federsystem schnell und nahezu luftdicht zusammengefügt werden. „Jeder kann damit bauen,“ ist sich Hubschrauber-Mechaniker Frank Faber sicher.
Um die Arbeiten zu beschleunigen, hatte sich die Familie ein besonderes System ausgedacht: Jennifer Kugler trug den Dünnbettmörtel auf, Frank Faber setzte die Steine aufeinander und Vater Rolf richtete sie mit der Wasserwaage ganz exakt aus. Bereits nach vier Tagen standen die Außenwände des Erdgeschosses, weitere vier Tage später waren auch sämtlich Innenwände fertiggestellt.
Gut ein Jahr nach Baubeginn konnten die jungen Leute, die vorübergehend bei den Eltern eingezogen waren, um Geld zu sparen, ins eigene Heim einziehen. Mittlerweile haben sie sich mit Sohn Dustin gut in ihrem selbstgebauten Energieplushaus eingelebt.
Übrigens: Auch die Wüstenrot Bausparkasse berichtete in einer Reportage über das Ytong-Selbstbauhaus der jungen Familie »

Ein Doppelhaus als Selbstbauhaus
Weil ihnen die Dachgeschosswohnung zu klein wurde, bauten Sandy und Denis Kaimer gemeinsam mit Sandys Eltern ein Doppelhaus. So konnten sie durch Eigenleistung einiges an Kosten sparen. Weiterlesen: Drei Generationen im selbst gebauten Doppelhaus »
Das Fertighaus als Ausbauhaus
Die Fertighausbranche bietet seit Jahrzehnten sogenannte Ausbauhäuser an. Dabei können die Bauherren individuell festlegen, wieviel Eigenleistung sie erbringen möchten.
Was ist ein Ausbauhaus?
Bei einem Ausbauhaus wird in aller Regel die industriell vorgefertigte Haushülle komplett wetterfest erstellt. Nach dieser „werksseitigen“ Vorleistung können dann „bauseitige“ Eigenleistungen erbracht werden. Diese sind meist frei verhandelbar und werden detailliert im Vertrag festgehalten. Zudem bieten die Haushersteller Werkzeuge, Materialien und Bauteile zum Selbsteinbau in Form von sogenannten Ausbaupaketen an.
Verschiedene Ausbaustufen der Fertighaushersteller
Sinnvoll kann es sein, sich an den vom Hersteller angebotenen Ausbaustufen zu orientieren, die unterschiedliche Fertigungsgrade beschreiben.
- Gängig ist zum Beispiel die Ausbaustufe „technikfertig“, bei der der Hersteller die komplette Haushülle inklusive Installationsleitungen liefert. Heizung, Lüftung und Warmwasser beauftragt der Bauherr dann bei einem Handwerksbetrieb in Eigenregie.
- Bei der Ausbaustufe „malerfertig“ hingegen erstellt der Haushersteller das Gebäude fast komplett bezugsfertig. Die Bauherren müssen nur noch das „Finishing“ übernehmen.
- Ein lebensnahes Konzept ist auch, das Erdgeschoss komplett „schlüsselfertig“ und das Obergeschoss „zum Ausbau vorbereitet" zu beauftragen: Das kommt vor allem jungen Familien mit schmalem Budget entgegen, die Kinderzimmer erst in der nahen Zukunft benötigen und sich Zeit für den Ausbau der oberen Etage nehmen können. Das Elternschlafzimmer im EG kann dann später als Gästezimmer oder Büro genutzt werden, das Bad im EG wird zum Gästebad.
Achtung: Die Begrifflichkeiten und der genaue Leistungsumfang der Ausbaustufen sind nicht rechtlich festgelegt. Jeder Hersteller definiert hier selbst – was den Angebotsvergleich erschwert. Der VPB empfiehlt darum den genauen Vergleich der Leistungsumfänge in den jeweiligen Leistungsbeschreibungen
– und im Zweifelfall das Zurateziehen eines Sachverständigen.
Hausbeispiel: Das Fertighaus als Ausbauhaus

Dass sie irgendwann einmal bauen würden, war Jenny Langner und Sascha Mikula klar. „Uns war es wichtig, unser Haus mitzugestalten und es zu etwas Eigenem zu machen“, sagt Sascha. In der Musterhausausstellung in Ulm entdeckte das Paar ein passendes Modell inklusive passendem Ausbaukonzept des Anbieters Living Haus. Der Hersteller errichtete den wetterfesten Rohbau, installierte die Gewerke Heizung, Sanitär und Elektro und verlegte den Estrich. Danach waren Sascha und Jenny am Zug – wobei das Coaching des Herstellers sehr willkommen war.

Erfahrung der Bauherren mit dem Ausbauhaus
Ob beim Setzen von Innentüren oder beim Verfugen von Trockenbauwänden oder Ähnlichem – der Coach von Living Haus zeigte dem Bauherrenpaar, wie’s geht. Dreimal acht Stunden lang können Bauherren ihn nach Bedarf ohne Zusatzkosten auf die Baustelle „buchen“, Techniken mit ihm trainieren und Tipps erhalten.
„Das Verspachteln war zuerst schwierig“, erinnert sich Jenny. „Ständig fiel die Masse runter. Da war mehr auf dem Boden als an der Wand. Irgendwann aber hatten wir den Dreh raus, und dann macht es Spaß.“ Bis auf den Innenputz haben Jenny und Sascha am Ende alles selbst gemacht: Trockenbauarbeiten, Böden und Fliesen gelegt, Sanitärobjekte gesetzt und Wände gestrichen. Auch zum Thema Bodenbeläge hört sich der Rückblick gut an: „So ein Klick-Laminat ist einfach zu verlegen“.

Eine kleine Herausforderung, die Bauherrschaft bravourös gemeistert haben, war das Verlegen der Fliesen. Denn sie wählten sehr großformatige, wie sie momentan angesagt sind. Das Ergebnis kann sich sehen lassen.
Und es gibt einiges mehr Sehenswertes im Haus der beiden. Zum Beispiel den Kaminofen im Wohnzimmer. Jenny und Sascha lieben es, auf dem Sofa zu chillen und das Feuer zu genießen. „Ein Prachtstück“, finden sie und Sascha betont ein weiteres „großes Highlight“: die Kaminverkleidung aus Naturschieferplatten, die einen perfekten Kontrastpunkt zu den hellen Wänden setzt.

Tipp: Nutzen Sie staatliche Fördergelder
Im Rahmen der „Bundesförderung für effiziente Gebäude (BEG)“ unterstützen KfW und BAFA als staatlicher Fördermittelgeber. Sie bieten günstige Förderkredite für energieeffizientes Bauen, Kaufen oder Sanieren Ihrer Immobilie. In diesem Beitrag der Wüstenrot Bausparkasse finden Sie eine gute Übersicht der aktuellen KfW-Förderungen »
Kalkulieren Sie realistisch
Viele Bauherren schätzen ihre Fähigkeiten zu hoch und den Zeitaufwand zu niedrig ein. Der Verband Privater Bauherren (VPB) hat zur Orientierung ein Rechenbeispiel aufgestellt: Wer 16.000 Euro sparen will, müsste rund 480 Stunden auf der eigenen Baustelle arbeiten. Bezogen auf eine 40-Stunden-Woche sind das glatte drei Monate!
Zu beachten ist auch, dass Laien wesentlich langsamer arbeiten und erfahrungsgemäß maximal zwei Drittel der Leistung eines Profis schaffen. Damit es nicht zu Verzögerungen kommt, müssen Eigenleistungen exakt in den Bauablauf integriert werden, so der VPB. Die Vertragspartner sollten die Schnittstellen zwischen Fremd- und Eigenleistung genau definieren, in organisatorischer, zeitlicher und technischer Hinsicht. So lassen sich Leistungslücken vermeiden. Kann der Bauherr seine Arbeiten nicht innerhalb des vereinbarten Zeitraumes erledigen, muss er unter Umständen externe Firmen beauftragen.
Achtung: Eigenleistungen sind von der Gewährleistung ausgeschlossen, auch wenn sie vom Bauleiter abgenommen werden, warnt die Stiftung Warentest. Die Baufirma haftet nicht für Fehler, die bei der Eigenleistung gemacht werden. Sind die Eigenleistungen nicht exakt von den Profi-Leistungen abgegrenzt, besteht die Gefahr, dass die Gewährleistung auch für die vorangegangenen oder die nachfolgenden Gewerke verloren geht.
Achtung: Helfen Nachbarn, Freunde und Verwandte auf der Baustelle mit, muss der Bauherr sie bei der Berufsgenossenschaft anmelden und Pflichtbeiträge zahlen. Sie sind dann automatisch in der gesetzlichen Unfallversicherung pflichtversichert, auch wenn sie keinen Lohn bekommen.

Private Bauhelfer können eine große Unterstützung sein, wenn es darum geht, ein Bauvorhaben umzusetzen oder bei kleineren Arbeiten mitzuhelfen. Dieser Artikel gibt Ihnen einen kompakten Überblick darüber, worauf Sie beim Einsatz privater Bauhelfer achten sollten »