Tiny House auf einem Privatgrundstück bauen
Wann braucht man eine Baugenehmigung?
Sie besitzen ein eigenes Grundstück oder dürfen sich im Garten Ihrer Eltern den Traum vom eigenen Heim erfüllen? Warum dann nicht mit einem Tiny House? Es braucht wenig Platz, ermöglicht Freiheit und ist zudem energieeffizient und günstig. Sehr einfache, modulare Bausätze ohne Innenausbau sind bereits ab ca. 20.000 Euro erhältlich. Aber darf man sie einfach so auf die Wiese stellen? Wenn es auf Rädern steht, ist es doch mobil und gar kein richtiges Haus, oder? Ganz so einfach ist es nicht. Wir erklären Ihnen, welche rechtlichen Hürden es gibt und wann Sie tatsächlich eine Baugenehmigung brauchen.
Das erfahren Sie in diesem Artikel:
- Welche Vorteile bietet ein Tiny House?
- Wann gilt ein Tiny House als Gebäude?
- Wann brauche ich eine Baugenehmigung für ein Tiny House?
- Was wird für die Baugenehmigung geprüft?
- Schritt für Schritt: So gehen Sie vor, um eine Baugenehmigung zu bekommen
- Welche Fragen stellen sich für das Tiny House in der Praxis?
- Fazit: der legale Weg zum Tiny House auf dem Privatgrundstück
Welche Vorteile bietet ein Tiny House?
In Deutschland ist es wegen der zahlreichen Vorschriften gar nicht so einfach, ein Tiny House zu bauen. Dennoch ist ein Tiny House aufgrund der niedrigen Baukosten eine gute Idee. Wer in einem Tiny House lebt, muss weniger Zeit und Aufwand für Reinigung und Wartung aufbringen. Auch die Umwelt profitiert von Kleinhäusern, da sie weniger Ressourcen verbrauchen und nachhaltiges Wohnen ermöglichen. Außerdem kann man die reinen Baukosten im Vergleich zu einem konventionellen Haus drastisch senken. Die größte Hürde bleibt jedoch die Suche nach einem bezahlbaren und rechtlich passenden Grundstück. Es gibt bereits Tiny-House-Siedlungen, in denen man dauerhaft als Teil einer Gemeinschaft leben und Gemeinschaftseinrichtungen gemeinsam nutzen kann.
Was genau ist ein Tiny House?
Ein Tiny House ist deutlich kleiner als ein konventionelles Einfamilienhaus. Üblicherweise hat es eine Fläche von 15 bis 55 Quadratmetern. Aufgrund des begrenzten Raums empfiehlt sich eine gut durchdachte Einrichtung mit multifunktionalen Möbeln. Die Kosten variieren stark. Einfache Containerhäuser sind bereits ab 20.000 Euro erhältlich. Schlüsselfertige Häuser kosten je nach Ausstattung zwischen 45.000 und 180.000 Euro.
Wann gilt ein Tiny House als Gebäude?
Ganz einfach: Sobald ein Tiny House nicht nur „geparkt“, sondern dauerhaft zum Wohnen genutzt wird, ist es rechtlich eine „bauliche Anlage“, also ein Gebäude. Es unterliegt dann dem öffentlichen Baurecht (Baugesetzbuch und Landesbauordnung). Auch wenn ein Tiny House nur als Wochenendhaus genutzt wird, ist es eine bauliche Anlage und benötigt in der Regel eine Baugenehmigung. Es darf zudem nur auf Grundstücken errichtet werden, auf denen eine solche Erholungsnutzung baurechtlich zulässig ist (z. B. in einem „Sondergebiet Erholung“). Für ein Tiny House auf Rädern benötigen Sie eine Baugenehmigung, wenn Sie dort dauerhaft wohnen möchten. Denn die Räder ändern nichts an der Tatsache, dass es als Gebäude genutzt wird. Ein dauerhaft abgestellter Wohnwagen zum Wohnen ist übrigens ebenfalls genehmigungspflichtig.
Wann brauche ich eine Baugenehmigung für ein Tiny House?
Wenn dort dauerhaft jemand wohnt: fast immer.
Eine Ausnahme sind sogenannte „verfahrensfreie Bauvorhaben“. Einige Landesbauordnungen erlauben es, Gebäude bis zu einer bestimmten Größe ohne Genehmigung zu errichten. Sie müssen dennoch alle anderen Vorschriften, wie den Flächennutzungsplan für Wohnbebauung sowie den Bebauungsplan, der das Erscheinungsbild der Häuser und ihre Ausstattung regelt, einhalten. Das ist in der Praxis fast unmöglich.
Immer wieder liest man von pauschalen Größen, die angeblich genehmigungsfrei sind. Diese Angaben sind jedoch mit Vorsicht zu genießen, da sie fast nie für das Wohnen gelten. Das Baurecht ist Ländersache, und der Knackpunkt ist fast immer der Begriff „Aufenthaltsraum“. Ein Tiny House, das zum Wohnen dient, ist per Definition ein Aufenthaltsraum.
Die Landesbauordnungen (LBO) nehmen Bauten mit Aufenthaltsräumen fast immer von der Genehmigungsfreiheit aus. Beispiel:
- Bayern: Laut Art. 57 BayBO sind Gebäude bis 75 m³ Brutto-Rauminhalt verfahrensfrei, allerdings nur, wenn sie ohne Aufenthaltsräume, Toiletten oder Feuerstätten ausgestattet sind.
- Brandenburg: Ähnlich in § 61 BbgBO. Verfahrensfrei sind Gebäude bis 75 m³ Brutto-Rauminhalt, aber nur ohne Aufenthaltsräume, Toiletten oder Feuerstätten.
- Schleswig-Holstein: Nach § 62 LBO sind Gebäude ohne Aufenthaltsräume, Toiletten und Feuerstätten mit einer Brutto-Grundfläche bis zu 30 m² (im Innenbereich) verfahrensfrei.
Das bedeutet: Sobald Sie in dem Tiny House dauerhaft wohnen möchten, greift die volle Genehmigungspflicht – fast unabhängig von der Größe. Die genannten Freigrenzen gelten in der Praxis nur für Geräteschuppen oder Gartenlauben.
Was wird für die Baugenehmigung geprüft?
Drei Dinge:
- Das Grundstück (Bauplanungsrecht): Hier kommt es auf die Lage an. Liegt es im „Innenbereich” (bebautes Gebiet) oder im „Außenbereich” (Wiese, Wald)? Für ein unerschlossenes Grundstück wird in der Regel keine Baugenehmigung von der Baubehörde erteilt. Bei einer Innenlage muss das Vorhaben zulässig sein. Das ist der Fall, wenn entweder ein Bebauungsplan existiert, der „Wohnen“ zulässt, oder wenn das Tiny House sich in die Umgebungsbebauung einfügt (sogenannter unbeplanter Innenbereich nach § 34 BauGB). Wenn das Grundstück im Außenbereich liegt, ist dauerhaftes Wohnen allerdings fast immer verboten.
- Die Erschließung: Das Grundstück muss erschlossen sein. Das bedeutet, dass es an die Wasserversorgung, die Kanalisation, das Stromnetz und eine Straße angeschlossen sein muss.
- Das Haus selbst: Es muss die Vorgaben der Landesbauordnung erfüllen (z.B. Raumhöhe, Fluchtwege) und die strengen Dämmvorgaben des Gebäudeenergiegesetzes (GEG) erfüllen, die auch für kleine Wohngebäude gelten. Auch die baurechtlichen Abstandsflächen sind einzuhalten. Ein selbst gebautes Tiny House scheitert hier jedoch oft an den hohen Hürden für die erforderlichen Nachweise (Statik, Brandschutz, Energieeffizienz).
Schritt für Schritt: So gehen Sie vor, um eine Baugenehmigung zu bekommen
- Prüfen Sie, ob das Grundstück für die Wohnbebauung ausgewiesen ist.
- Stellen Sie eine Bauvoranfrage bei der zuständigen Baubehörde, um zu klären, ob ein Tiny House auf dem Grundstück grundsätzlich genehmigt werden kann.
- Bereiten Sie den Bauantrag Dafür brauchen Sie:
- das ausgefüllte Antragsformular
- detaillierte Baupläne und Zeichnungen zum Einreichen
- den Lageplan des Grundstücks
- die Baubeschreibung
- technische Nachweise (erstellt durch bauvorlageberechtigte Fachplaner), insbesondere: der Standsicherheitsnachweis (Statik), der Brandschutznachweis, der Wärmeschutznachweis (GEG) sowie der Plan für die Abwasserentsorgung.
- Reichen Sie den vollständigen Bauantrag bei der Baubehörde
- Nach einigen Wochen oder Monaten wird die Baugenehmigung
Tipp: In einigen Bundesländern können Sie den Bauantrag für ein Tiny House ganz einfach digital stellen.
Welche Fragen stellen sich für das Tiny House in der Praxis?
Dauerhaftes Wohnen: Wenn Sie ein Tiny House auf einem Privatgrundstück, zum Beispiel im Garten der Eltern errichten, handelt es sich baurechtlich um eine „Hinterlandbebauung“ oder „Bebauung in zweiter Reihe“. Dabei stellt sich die Frage, ob das Grundstück dafür überhaupt groß genug ist und ob der Bebauungsplan eine so dichte Bebauung zulässt. Vor allem ist zu klären, ob die Erschließung an die Kanalisation gesichert ist. Diese Aspekte sind in den meisten Fällen nur schwer umzusetzen, und die Kosten für die Anschlüsse sind hoch.
Ein Tiny House, das dauerhaft bewohnt werden soll, muss eine Deckenhöhe von 2,40 m haben und über eine Küche sowie ein belüftetes Bad verfügen. Treppen, Türen und Fenster müssen der jeweiligen Landesbauordnung entsprechen. Alle Kleinhäuser sind nach den geltenden Brandschutzvorschriften zu errichten. Unabhängig von der Größe müssen dauerhaft bewohnte Kleinhäuser die strengen Dämmvorgaben des Gebäudeenergiegesetzes (GEG) einhalten.
Nutzung als Ferien- oder Wochenendhaus: Wenn Sie nicht dauerhaft im Tiny House wohnen, gelten oft andere und meist einfachere Regeln. Das trifft besonders auf Sondergebiete wie Camping- oder Wochenendhausgebiete zu. Je nach Festsetzungen im Bebauungsplan sind dort alternative Lösungen für Wasserversorgung oder Abwasserentsorgung (z. B. Tanks, Sammelgruben oder Komposttoiletten) statt eines vollständigen Kanalanschlusses zulässig. In einem normalen Wohngebiet ist ein „Gartenhaus” jedoch nur als untergeordnetes Gebäude (für Gartengeräte) erlaubt, nicht zum Wohnen.
Tiny Houses auf Rädern: Tiny Houses auf Rädern, die im Straßenverkehr bewegt werden, gelten rechtlich oft als Anhänger und benötigen TÜV und Versicherung. Werden sie jedoch dauerhaft abgestellt, um darin zu wohnen, gelten sie baurechtlich wieder als Gebäude. Auf Grundstücken oder Campingplätzen sind dabei bestimmte Regeln und Auflagen zu beachten, und in manchen Fällen kann eine Sondernutzungserlaubnis erforderlich sein.
Achtung: Wer ohne Genehmigung ein Tiny House aufstellt, muss mit rechtlichen Konsequenzen rechnen. Mögliche Folgen sind ein Bußgeld, eine Aufforderung zum Abriss oder ein Nutzungsverbot.
Fazit: der legale Weg zum Tiny House auf dem Privatgrundstück
- Wenn ein Tiny House dauerhaft zum Wohnen genutzt wird, unterliegt es dem Baurecht und ist in den meisten Fällen genehmigungspflichtig.
- Die Baubehörde prüft für die Genehmigung das Grundstück (Lage), die Erschließung (Anschlüsse) und das Haus selbst (Statik, Brandschutz und die Einhaltung des Gebäudeenergiegesetzes (GEG)).
- Für die Praxis ist es entscheidend zu klären, ob das Grundstück groß genug ist und ob der Bebauungsplan eine (dichte) Bebauung überhaupt zulässt.
- Für den Bauantrag benötigen Sie das Antragsformular, detaillierte Baupläne, den Lageplan des Grundstücks, die Baubeschreibung sowie die technischen Nachweise für Statik, Brandschutz und Energieeffizienz (GEG).
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