Balkonkraftwerk: Droht Strafe, wenn der Zähler rückwärts läuft?
Neues Gesetz zu Balkonsolaranlagen
Kleine Solaranlagen für den Balkon werden immer beliebter, denn damit können auch Mieter einen Teil ihres Haushaltsstroms klimafreundlich selbst erzeugen. Doch die Balkonkraftwerke vertragen sich nicht mit den meisten alten Stromzählern. Wird mehr Strom ins Netz eingespeist, als der Haushalt gerade verbraucht, laufen diese Zähler rückwärts. Das war bis vor kurzem verboten, theoretisch konnten Bußgelder oder sogar Gefängnisstrafen verhängt werden.
Mit einer Strafe müssen PV-Betreiber allerdings seit April 2024 nicht mehr rechnen. Warum das so ist, erfahren Sie in diesem Beitrag unserer Redaktion.
Das erfahren Sie in diesem Artikel:
Warum läuft der Stromzähler rückwärts?
Balkonkraftwerke oder Mini-PV-Anlagen werden vom Staat durch die Befreiung von der Mehrwertsteuer gefördert − und doch können Betreiber Ärger bekommen, wenn ihr Balkonkraftwerk ordentlich Strom produziert. Genauer gesagt, wenn mehr Strom ins Netz eingespeist wird, als der Haushalt gerade verbraucht. Dann kann es passieren, dass ältere analoge Stromzähler (Ferraris-Zähler) rückwärts laufen.
Das war in Deutschland bis vor kurzem verboten, weil die vom Stromversorger gelieferte Strommenge und die darauf zu zahlenden Steuern, Abgaben und Umlagen somit ja nicht korrekt erfasst werden. Rückwärts laufende Zähler müssen daher in angemessener Zeit nach der Inbetriebnahme einer Balkon-Solaranlage ausgetauscht werden.
Update: Solarpaket legalisiert es, wenn der Zähler rückwärts läuft
Am 26.04.2024 ist das Solarpaket I in Kraft getreten. Damit werden viele rechtliche Erleichterungen bei Balkonkraftwerke wirksam. Das Gesetz erlaubt vorübergehend die Rückwärtsdrehung des Stromzählers, um Balkonkraftwerke nutzen zu können, ohne auf den Austausch des Zählers warten zu müssen. Der Netzbetreiber hat nun vier Monate Zeit, den Ferraris-Zähler gegen einen Zweirichtungszähler auszutauschen, der die eingespeiste Energie erfasst. Im Gegensatz zu früher müssen die Nutzer nicht mehr warten, sondern können sofort von der Einspeisevergütung profitieren.
Das müssen Sie zu Balkonsolaranlagen wissen
Die wichtigsten Infos zum Betrieb und zur Inbetriebnahme einer Mini-Solaranlage haben wir hier für Sie zusammengefasst:
Welche Stromzähler gibt es?
Derzeit sind beim Betrieb einer Mini-Photovoltaikanlage drei Arten von Stromzählern erlaubt, bei denen ein Rückwärtsdrehen ausgeschlossen ist:
- Analoge Zähler mit und ohne Rücklaufsperre. Hier handelt es sich um die altbekannten Ferraris-Zähler mit Drehscheibe und Zählwerk hinter einem Sichtfenster. Stromzähler mit Rücklaufsperre erkennt man an dem Symbol einer Kralle, die ein Zahnrad festhält:
⇒ Seit Inkrafttreten des Solarpakets I sind diese Zähler auch ohne Rücklaufsperre für eine Übergangszeit erlaubt. - Digitale Stromzähler. Diese erfassen sowohl den Strom, der aus dem Netz bezogen wird, als auch den, der eingespeist wird. Zu erkennen sind die Zähler am digitalen Display.
- Intelligente Stromzähler bzw. Smart Meter. Mit einem Smart-Meter-Gateway wird der digitale Zähler zur smarten Messstelle, die auch Daten überträgt.
Droht Strafe, wenn der Zähler rückwärts läuft?
Nach Inkrafttreten des Solarpakets I ist es nicht mehr verboten, übergangsweise rückwärtslaufende Stromzähler zu verwenden. Wenn bei der Einspeisung von Strom aus dem Balkonkraftwerk der Zähler rückwärts läuft, konnte dies bislang strafbar sein − zumindest theoretisch. Das Gesetz sah eine Geldstrafe oder sogar eine Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren vor. In der Praxis war eine solche Strafe im Zusammenhang mit einem Balkonkraftwerk allerdings unwahrscheinlich. Zumal es sich um relativ geringe Strommengen handelt. Unserer Redaktion ist auch kein Fall bekannt, in dem eine solche Strafe verhängt wurde.
Schuld an rückwärts laufenden Zählen ist häufig die Bürokratie
Das Verbot von rückwärts laufenden Stromzählern richtete sich in erster Linie gegen bewusste Manipulationsversuche. Wenn aber in einem Haushalt mit einer PV-Solaranlage ein Zähler rückwärts läuft, so geschieht dies mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht in betrügerischer Absicht, sondern weil die Bürokratie langsam arbeitet.
Denn: Bis vor Kurzem musste ein Balkonkraftwerk vom Betreiber sowohl beim Marktstammdatenregister der Bundesnetzagentur als auch beim Netzbetreiber angemeldet werden (der Netzbetreiber ist in der Regel auch der Messstellenbetreiber, wie der Stromzähler offiziell heißt). Hier erklären wir genauer, wie Sie diese Anmeldung vornehmen »
Nach Inkrafttreten des Solarpakets I ist es nicht mehr erforderlich, die Anlage beim Netzbetreiber zu registrieren. Die Registrierung im Marktstammdatenregister wurde überdies auf ein Minimum an Daten reduziert.
Fehlte früher die Rücklaufsperre am Zähler, war der Netzbetreiber für den Austausch zuständig. In der Praxis dauert dies meist einige Wochen bis Monate, während das Balkonkraftwerk bereits in Betrieb war - sozusagen am Rand der Illegalität. Heute darf der Nutzer die Anlage sofort betreiben und der Messstellenbetreiber hat bis zu vier Monate Zeit, einen rückwärts laufenden Zähler gegen einen neuen Zähler zu tauschen.
Was kostet ein neuer Stromzähler?
In der Regel übernimmt der Messstellenbetreiber, meist der Netzbetreiber, die Kosten für den Zählertausch. Er bleibt auch Eigentümer des neuen Zählers. Die jährlichen Betriebskosten des Zählers trägt dagegen der Verbraucher. Sie sind bei digitalen Zählern mit bis zu 20 Euro höher als bei analogen Zählern (ca. 8 bis 13 Euro).
Smart Meter: So funktioniert der Umstieg auf die digitalen Stromzähler
Für viele Haushalte ist der Einbau eines Smart Meters, also eines digitalen Stromzählers (bald) Pflicht. Hier erklären wir, wer davon betroffen ist, was das kostet und wie es funktioniert.
Fazit: Was Betreiber von Balkon-PV-Anlagen über Stromzähler wissen müssen
- Wenn ein Balkonkraftwerk mehr Strom erzeugt, als der Haushalt gerade verbraucht, kann es vorkommen, dass ältere analoge Stromzähler rückwärts laufen.
- Mit dem Solarpaket I ist die Anmeldung von Balkonzählern vereinfacht und der Rückwärtslauf für eine Übergangszeit erlaubt worden.
- Der Austausch alter gegen neue digitale Zähler ist Sache des Netzbetreibers.
- Bis 2032 müssen alle analogen Stromzähler durch digitale Zähler ersetzt werden.
Stand: April 2024
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