Mehrfamilienhäuser: Mietminderung wegen Legionellen im Trinkwasser

Ein kleines Mädchen mit dunklen Haaren und einem gelben Oberteil streckt seine Hände unter einen laufenden Wasserhahn in einem Küchenwaschbecken. Die Hände einer erwachsenen Person daneben betätigen einen Seifenspender. Das Bild stellt die alltägliche Nut

In welcher Höhe ist eine Mietminderung angebracht?

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In Ihrem Mehrfamilienhaus ist das Trinkwasser mit Legionellen belastet. Was bedeutet das konkret? Legionellen sind Bakterien, die sich in warmem Wasser zwischen 25 und 50 °C vermehren. Gelangen sie über Aerosole in die Atemwege, können sie schwere Krankheiten wie eine Lungenentzündung auslösen. Wer ist nun verantwortlich und sorgt dafür, dass das Wasser wieder unbedenklich ist? Für Mieter stellt sich außerdem die Frage: Ist eine Mietminderung wegen Legionellen möglich — und angemessen, da es zu erheblichen Einschränkungen kommen kann? Wir erklären die rechtlichen Aspekte eines Legionellenbefalls und zeigen, welche Maßnahmen Mieter und Vermieter ergreifen müssen.

Das erfahren Sie in diesem Artikel:

  1. Die Pflichten des Vermieters bei Legionellen im Trinkwasser
  2. Legionellen und Mietminderung: Welche Rechte haben Mieter bei Legionellen im Trinkwasser?
  3. Wichtige Gerichtsurteile zur Mietminderung bei Legionellen im Trinkwasser
  4. Fazit: Wann eine Mietminderung wegen Legionellen im Trinkwasser infrage kommt, hängt vom Einzelfall ab.

Die Pflichten des Vermieters bei Legionellen im Trinkwasser

Die Verantwortung für sauberes und sicheres Trinkwasser in einem Mietshaus liegt beim Vermieter. Geregelt wird dies durch die deutsche Trinkwasserverordnung (TrinkwV), die dem Vermieter eine aktive „Bringschuld“ auferlegt: Er muss die Sicherheit der Anlage regelmäßig nachweisen und nicht erst bei einem Problem handeln.

Legionellen im Trinkwasser – was bedeutet das?

Legionellen sind Bakterien, die im Wasser vorkommen und Krankheiten wie die Legionärskrankheit oder das Pontiac-Fieber verursachen können. Besonders betroffen sind Kleinkinder, ältere und geschwächte Menschen. Legionellen gelangen über das Trinkwasser in die tiefen Lungenabschnitte, wenn dieses eingeatmet wird. Das passiert jedoch nur, wenn Wasser in sehr feine Tröpfchen (Aerosole) zerstäubt wird, zum Beispiel beim Duschen oder durch eine Klimaanlage.Prüfen, informieren, handeln: Diese Pflichten haben Vermieter?

Die wichtigste Pflicht ist die gesetzliche Untersuchungspflicht. Vermieter von Mehrfamilienhäusern mit einer sogenannten „Großanlage zur Trinkwassererwärmung“ müssen das Wasser systematisch auf Legionellen untersuchen lassen. Eine solche Großanlage liegt in der Regel vor, wenn der zentrale Warmwasserspeicher mehr als 400 Liter fasst oder der Wasserinhalt in einer Rohrleitung zum entferntesten Wasserhahn mehr als 3 Liter beträgt – was auf die meisten Gebäude ab drei Wohneinheiten zutrifft. Ausgenommen sind Ein- und Zweifamilienhäuser.

  • Prüfintervall: Die systemische Untersuchung auf Legionellen muss in Mehrfamilienhäusern (sofern die oben genannten „Großanlagen zur Trinkwassererwärmung“ vorhanden sind) einmal jährlich erfolgen. Wird ein Neubau oder eine Anlage neu in Betrieb genommen, muss die erste Legionellenprüfung innerhalb von drei bis zwölf Monaten nach der Inbetriebnahme erfolgen. Das zuständige Gesundheitsamt überwacht die Einhaltung der Pflichten und kann bei Auffälligkeiten oder in Risikobereichen auch kürzere Prüfintervalle anordnen.
  • Handlungspflicht bei positivem Befund: Wird der „technische Maßnahmenwert“ von 100 koloniebildenden Einheiten (KbE) pro 100 ml erreicht oder überschritten, muss der Vermieter sofort handeln. Dazu gehören die unverzügliche Meldung an das Gesundheitsamt, die Erstellung einer Gefährdungsanalyse zur Ursachenforschung und die Einleitung von Sanierungsmaßnahmen, wie zum Beispiel einer thermischen Desinfektion.
  • Informationspflicht: Überschreiten die Legionellenwerte die gesetzlichen Grenzen, muss der Vermieter dies unverzüglich dem Gesundheitsamt melden. Anschließend wird eine Gefährdungsanalyse erstellt und Sanierungsmaßnahmen (z. B. thermische Desinfektion) eingeleitet. Auch die Mieter muss der Vermieter über den Legionellenbefall und die geplanten Maßnahmen schriftlich informieren – auch, wenn zum Beispiel ein Duschverbot besteht.

Die Kosten für die regelmäßige Routineprüfung sind umlagefähige Betriebskosten. Alle Kosten, die jedoch infolge eines positiven Befunds entstehen – wie für die Gefährdungsanalyse, Sanierung und Nachuntersuchungen – sind nicht umlagefähig und müssen vollständig vom Vermieter getragen werden.

Eine Infografik zeigt, dass das Risiko eines Legionellenbefalls mit der Gebäudegröße steigt. Fünf Gebäudesymbole unterschiedlicher Größe sind neben prozentualen Risikowerten dargestellt, von 8,3 % bei 3-5 Wohnungen bis 29,8 % bei über 50 Wohnungen. Eine I
Die Statistik verdeutlicht: Je mehr Wohneinheiten ein Gebäude hat, desto höher ist das statistische Risiko für einen erhöhten Legionellenbefall. Aus diesem Grund unterliegen Vermieter von Mehrfamilienhäusern mit Großanlagen zur Trinkwassererwärmung einer jährlichen gesetzlichen Untersuchungspflicht.
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Was bedeutet KbE?

KbE steht für Kolonie bildende Einheiten. Dies ist eine Maßeinheit, die verwendet wird, um die Konzentration von Legionellen (und anderen Bakterien) in einer Wasserprobe anzugeben. Wenn beispielsweise von „100 KbE /100 ml“ die Rede ist, bedeutet dies, dass in 100 Millilitern Wasser 100 koloniebildende Einheiten von Legionellen nachgewiesen wurden. Dieser Wert ist entscheidend für die Bewertung eines Legionellenbefalls. Der sogenannte technische Maßnahmenwert der Trinkwasserverordnung liegt bei 100 KbE /100 ml. Wird dieser Wert erreicht oder überschritten, löst dies einen gesetzlich vorgeschriebenen Maßnahmenkatalog für den Vermieter aus.

Können auch Mieter die Schuld an Legionellen tragen?

Die Frage nach einer Schuld der Mieter an Legionellen ist schnell beantwortet: Die Verantwortung für die Trinkwasserinstallation liegt fast ausnahmslos beim Vermieter. Eine moderne Anlage muss so konzipiert sein, dass sie auch bei normalem Nutzungsverhalten – was Urlaube einschließt – hygienisch sicher bleibt. Eine Schuld des Mieters ist praktisch ausgeschlossen. Auch der Sonderfall dass Legionellen in der obersten Wohnung eines Mehrfamilienhauses auftreten, wo durch stehendes Wasser die Konzentration höher sein kann, ändert nichts an der Gesamtverantwortung des Vermieters für das gesamte System.

Mieter haben aber auch Mitwirkungspflichten: Wer Legionellen im Trinkwasser vermutet oder sogar eine positive Laborbestätigung erhalten hat, sollte dies dem Vermieter schriftlich melden – möglichst per Einschreiben. Zur Kontrolle oder für notwendige Arbeiten benötigen die Fachfirma oder der Vermieter Zugang zur Wohnung. Verweigern Sie den Zugang, können Sie später wegen Legionellen keine Mietminderung geltend machen. Außerdem haben Mieter eine Sorgfaltspflicht: Sie müssen zum Beispiel geforderte Filter benutzen und auf das Duschen verzichten, wenn dies als Vorsichtsmaßnahme verlangt wird.

Legionellen und Mietminderung: Welche Rechte haben Mieter bei Legionellen im Trinkwasser?

Die Fassade eines modernen Mehrfamilienhauses mit grauer Verkleidung und weißen, abgerundeten Balkonen, fotografiert von unten gegen einen blauen Himmel. Das Bild steht symbolisch für Mietobjekte, in denen die Trinkwasserverordnung eine wichtige Rolle spi
In Mehrfamilienhäusern wie diesem liegt die Verantwortung für die Wasserqualität klar beim Vermieter. Ein nachgewiesener Legionellenbefall stellt einen erheblichen Mangel der Mietsache dar und kann Mieter zur Kürzung der Miete berechtigen.
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Wenn Legionellen im Trinkwasser nachgewiesen werden, stellt dies einen erheblichen Mangel der Mietsache dar. Die Bereitstellung von gesundheitlich unbedenklichem Warmwasser gehört zum vertragsgemäßen Gebrauch einer Wohnung. Für Mieter ist es entscheidend, jetzt richtig zu handeln, um ihre Rechte zu wahren.

Der erste und unerlässliche Schritt ist die Mängelanzeige. Auch wenn der Vermieter selbst über den Befall informiert, müssen Sie als Mieter den Mangel unverzüglich und nachweisbar anzeigen. Dies ist die juristische Voraussetzung, um das Recht auf Mietminderung geltend zu machen.

  • Form: Senden Sie die Anzeige schriftlich per Einschreiben mit Rückschein. Nur so können Sie im Streitfall beweisen, wann der Vermieter informiert wurde.
  • Inhalt: Beschreiben Sie den Mangel präzise (z.B. unter Berufung auf einen Aushang im Mehrfamilienhaus oder ein konkretes Schreiben) und fordern Sie den Vermieter zur Beseitigung auf, idealerweise mit einer Fristsetzung von 14 Tagen.

Haben Sie den Mangel korrekt angezeigt, sind Sie für die Dauer seines Bestehens zur Kürzung der Bruttomiete (inklusive Nebenkosten) berechtigt. Das Recht zur Mietminderung entsteht ab dem Zeitpunkt der Mängelanzeige.

Wie hoch darf die Mietminderung bei Legionellen sein?

Hier betreten wir ein juristisches Schlachtfeld: Es gibt keine pauschale Regelung, die vorgibt, in welcher Höhe die Miete gekürzt werden darf. Die Höhe der Mietminderung ist stets eine Einzelfallentscheidung. Sie richtet sich häufig nach der Konzentration der Legionellen im Trinkwasser (KbE-Wert), den daraus resultierenden Einschränkungen (z. B. Duschverbot) und der Dauer des Mangels.

Ein Mangel liegt nicht erst vor, wenn Symptome auftreten, sondern bereits, sobald Einschränkungen bestehen. Reagiert der Vermieter nicht umgehend, verlängert sich naturgemäß die Dauer des Mangels.

  • Eine leichte Beeinträchtigung erlaubt eine Mietminderung von zehn bis 20 Prozent. Sind nur einzelne Wasserhähne betroffen und die Gesundheit nicht gefährdet, halten Gerichte eine Minderung um zehn bis 20 Prozent für angemessen.
  • Bei einem offiziellen Duschverbot ist die Nutzung der Wohnung erheblich eingeschränkt. Gerichte haben hier in der Regel eine Mietminderung von etwa 25 Prozent als angemessen erachtet.
  • Eine schwere Beeinträchtigung mit einer Minderung von bis zu 100 Prozent kann gerechtfertigt sein, wenn die Warmwasserversorgung komplett ausfällt und die Wohnung dadurch kaum noch nutzbar ist.

Übrigens: Wenn Mieter durch Legionellen krank werden, können Sie Schadensersatz vom Vermieter verlangen. Bleibt dieser untätig, können Sie die Wohnung fristlos kündigen.

Wichtige Gerichtsurteile zur Mietminderung bei Legionellen im Trinkwasser

Aus der Vogelperspektive ist ein Holztisch zu sehen, auf dem ein Richterhammer aus Holz, eine goldene Waage der Justitia und ein Stift auf mehreren Büchern liegen. Die Anordnung symbolisiert Rechtsprechung und juristische Urteile.
Zahlreiche Gerichtsurteile bestätigen, dass Mieter bei Legionellenbefall die Miete mindern dürfen. Die Höhe der Minderung ist jedoch eine Einzelfallentscheidung und richtet sich nach der Schwere des Befalls und den damit verbundenen Nutzungseinschränkungen, wie beispielsweise einem Duschverbot.
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Die Rechtsprechung zur Mietminderung bei Legionellenbefall ist uneinheitlich und hängt stark vom Einzelfall ab. Die Höhe der Minderung orientiert sich am Ausmaß der Gesundheitsgefährdung und den konkreten Nutzungseinschränkungen. Hier einige wichtige Entscheidungen als Orientierung:

  • Amtsgericht Dresden, Urteil v. 11.11.2013 (148 C 5353/13): Das Gericht wertete einen Legionellenbefall als Mangel, selbst wenn „nur“ die Gefahr einer Gesundheitsgefährdung besteht. Bei einer massiven Überschreitung des Grenzwerts (bis zu 14.000 KbE/100 ml) wurde eine Mietminderung von 25 Prozent als angemessen erachtet.
  • Landgericht Berlin, Urteil v. 17.06.2021 (67 S 17/21): Dieses Urteil stärkte die Mieterrechte, indem es klarstellte, dass bereits ein Legionellenbefall über dem Grenzwert (100 KbE/100 ml) einen Mangel darstellt. Im konkreten Fall (bis zu 3.700 KbE/100 ml) wurde eine Mietminderung von 10 Prozent als berechtigt anerkannt.
  • Amtsgericht Köln, Urteil v. 15.05.2019 (201 C 177/17): Auch bei einer vergleichsweise moderaten Überschreitung des Grenzwertes (zwischen 100 und 1.000 KbE/100 ml) hielt das Gericht wegen der Gesundheitsgefahr eine Mietminderung von 20 Prozent für gerechtfertigt.
  • Amtsgericht München, Urteil v. 23.05.2017 (473 C 22122/16): Ein vom Gesundheitsamt verhängtes Duschverbot stellt eine erhebliche Einschränkung dar. Das Gericht sprach den Mietern hierfür eine Mietminderung von 25 Prozent zu.
  • Bundesgerichtshof (BGH), Urteil v. 06.05.2015 (Az. VIII ZR 161/14): In einem wegweisenden Urteil zur Haftungsfrage stärkte der BGH die Rechte von Mietern, die an Legionellose erkranken. Für einen Schadensersatzanspruch ist kein lückenloser wissenschaftlicher Beweis mehr nötig, dass die Infektion aus der hauseigenen Anlage stammt. Eine hohe Wahrscheinlichkeit, die auf starken Indizien beruht, kann für eine Verurteilung des Vermieters ausreichen.
Eine kranke Frau liegt mit einem dicken Rollkragenpullover auf dem Sofa, zugedeckt mit einer Decke. Sie hält sich mit einer Hand die Stirn, was auf Kopfschmerzen oder Fieber hindeutet, während sie in der anderen Hand ein Smartphone hält.
Eine Legionellen-Infektion (Legionärskrankheit) äußert sich oft durch grippeähnliche Symptome wie Fieber, Kopfschmerzen, Schüttelfrost und Husten. Wer solche Beschwerden nach dem Kontakt mit vernebeltem Wasser bemerkt, sollte zur Abklärung einen Arzt aufsuchen.
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Beschwerden? Lassen Sie sich testen!

Wenn Sie nach dem Duschen Beschwerden bekommen, sollten Sie einen Arzt konsultieren. Dieser kann eine Infektion durch entsprechende Tests feststellen. Bei Verdacht auf Legionellen im Trinkwasser können Sie auch ein Testkit kaufen und Wasserproben an ein Labor schicken.

 

Fazit: Wann eine Mietminderung wegen Legionellen im Trinkwasser infrage kommt, hängt vom Einzelfall ab

  • Ein Legionellenbefall ist ein ernstzunehmender Mangel, der schnelles und korrektes Handeln von beiden Mietparteien erfordert.
  • Vermieter sind in der Pflicht: Die Trinkwasserverordnung schreibt eine regelmäßige Untersuchungspflicht für Großanlagen vor.
  • Um das Recht auf Mietminderung geltend zu machen, ist eine nachweisbare, schriftliche Mängelanzeige an den Vermieter die zwingende Voraussetzung.
  • Die Höhe der Minderung ist einzelfallabhängig: Sie richtet sich nach der Konzentration der Legionellen und vor allem nach dem Grad der daraus resultierenden Nutzungseinschränkungen wie einem Duschverbot.

 

Hinweis: Ohne Gewähr! Die bereitgestellten Informationen sind allgemeiner Natur und stellen keine Rechtsberatung dar. Sie decken nicht alle individuellen Fälle ab. Außerdem haben wir sie für Laien etwas vereinfacht. Wenn Sie rechtlichen Rat für Ihre individuelle Situation benötigen, sollten Sie den Rat von einem qualifizierten Anwalt einholen.